Nachdem der Wecker um kurz vor halb fünf klingelte, machte ich zuerst mich und danach mein Rennrad fertig für die heutige Spreewaldrundfahrt. Um kurz nach sechs stieg ich am Hauptbahnhof in den Regionalzug nach Lübben. Dort kam ich um 7:10 Uhr an und fuhr dann zur Schloßinsel, wo die Akkreditierung stattfand. Die große Wiese auf der Schloßinsel, auf der die Veranstalter des Spreewaldmarathons ihre Zelte aufgebaut hatten, war bei meiner Ankunft noch ganz weiß von dem eisigen Rauhreif. Ich schrieb mich dort, vor Kälte zitternd, für die 200 Kilometer Strecke ein.
Gegen 8:00 Uhr startete ich dann mit ungefähr 150 weiteren Fahrern. In Lübben ging es zunächst noch gemächlich zur Sache, doch kaum hinter der Stadtgrenze nahm das Tempo deutlich zu. Ich fühlte mich gut und hängte mich auch gleich ein eine stärkere Gruppe. Mit einem ordentlichen Tempo nicht unter 35 km/h fuhr ich in dieser Gruppe bis zum ersten Versorgungpunkt in Krausnick, an dem alle Fahrer halten mußten, um sich einen Stempel auf die Fahrkontrollkarte geben zu lassen.
Insgesamt gab es auf der 200 Kilometer Strecke fünf dieser Versorgungsstellen. Da man ohnehin immer halten mußte, aß und trank ich auch immer etwas. Die Verpflegung während des Radmarathons war wirklich ausgezeichnet. Es gab heißen Tee, Kola, Wasser, Bananen, Äpfel, verschiedene Schokoriegel, Brote und Brötchen mit Wurst, Käse, Schmalz und Nutella. An einer Versorgungsstelle gab es sogar Plinsen, süße Pfannkuchen nach Spreewälder Art, die von freundlichen Einheimischen in traditioneller Tracht ausgegeben wurden. Selbstverständlich gab es auch köstliche Spreewaldgurken.
Bis etwa 12 Uhr war meine Stimmung noch ganz gut. Mein Tachometer war zwar gleich nach dem Start ausgefallen, doch war es vielleicht gar nicht so schlecht einfach zu fahren, ohne zu wissen wie viele Kilometer noch vor mir lagen. Nach dem dritten Versorgungspunkt fuhr ich ohne eine Gruppe los. Ich hätte nicht gedacht, daß es so lange dauern würde, bis ich mich wieder an eine weitere Gruppe hängen konnte.
Ich fuhr also alleine auf einer schier endlosen Landstraße und hatte dort mit unangenehmem Gegenwind zu kämpfen. Die Radmarathonstrecke führte zwar durch viel bewaldetes Gebiet, doch gab es auch etliche Strecken über freies Gelände. Die sich schnell drehenden Windkraftanlagen ließen schon von Weitem nichts Gutes erwarten. Gegenwind ist für mich schlimmer, als der steilste Berg. Der Berg ist ein fairer Gegner, ein fieser Wind hingegen ist hinterhältig und raubt mir auf unberechenbare Weise die nötige Kraft.
Zwei schnelle Fahrer näherten sich nach einer gefühlten Ewigkeit. Ich hängte mich an sie, doch konnte ich deren hohes Tempo nur etwa eine Viertelstunde halten. Irgendwann kam dann die Gruppe, mit der zuvor gefahren war. Doch ich war bereits zu fertig, um länger als etwa eine halbe Stunde dran zu bleiben.
Bis ich das Ziel endlich gegen 14:40 Uhr erreichte, fuhr ich immer mal wieder alleine oder hinter kleineren Gruppen, die ich nach einer Weile aufgrund meines Erschöpfungszustands äußerst ungern wieder ziehen lassen mußte. Nach der letzen Versorgungsstelle vor einem Hotel in Raddusch stießen die Fahrer der anderen Distanzen zu uns. Ich hielt Ausschau nach Marcus, doch dachte ich mir schon, daß er wohl nicht mehr einzuholen sei. Marcus ging gegen 10 Uhr an den Start für die 110 Kilometer Strecke.
Hinter der Ziellinie wurde ich dann von einer freundlichen Dame in ortsüblicher Tracht mit einer goldenen Gurkenmedaille für meine Mühen belohnt. Marcus war etwa eine halbe Stunde vor mir über die Ziellinie gefahren und hatte sich eine bronzene Gurke verdient.
Für die 200 Kilometer Fahrer gab es bei der Akkreditierung einen Gutschein für die Nudelfeier (Pasta Party). Es gab zwar keine Nudeln, dafür aber einen leckeren Eintopf aus einer Gulaschkanone (vermutlich eine alte NVA-Feldküche). Der bodenständige Eintopf paßte auch besser in den Spreewald, als die italienische Nationalspeise. Marcus holte sich auch eine Portion, brachte noch zwei Bier mit, und wir erholten uns von der strapaziösen Rundfahrt auf der Festwiese.
Nach der getrennter Anreise am frühen Morgen, führen wir am Abend zusammen mit dem Regionalzug wieder nach Berlin, wo wir mit ein paar Alsterwasser auf unsere Rundfahrt anstießen. Nächstes Jahr sind wir bestimmt wieder mit dabei. Dann gerne auch mit dem Rest der Radsportgruppe.